20.März

PflasterMüde bin ich. So müde,  zu erklären.

Weil, wir sind nun schon „Trauer-Fortgeschrittene“.

Viele Dinge sind auf den ersten Blick einfacher geworden.

Wie zum Beispiel Lidl-Einkäufe zur Kindergarten-Abholzeit.

Jedenfalls meistens.

(Praxistip: Immer Kopfhörer und Handy dabei haben.

Kindergeschrei durch Tanzmusik ausblenden. Geht gut.)

 

Wir leben weiter, gut und stark und tapfer. Wir lachen dem F…leben ins Gesicht.

Ausserhalb der Trauer-Mauer.

Rein kommen nicht mehr sehr viele.

Weil ich sie nicht einlade. (wowarnochmaldietür?)

Weil sie hoch und dick und abweisend ist. (aussermanweisswodietürist)

Weil es gefährlich sein kann. (mistwiekommeichwiederrausdiestimmungistjaunterirdisch)

Das ist nicht schlimm, mich stört es nicht. Bin ja selber müde.

Alle meine Lieben fliegen sowieso einfach drüber. Oder durch.

(Georg und ich haben -doppeldickeMauerwände- zum Glück einen Privatdurchgang…)

Die Empörung, derjenigen, die glauben, wir wären, wie früher, längst wieder von lichten Blümchenhecken umgeben und die sich dann den Kopf anstossen und ärgerlich sind, weil man sie nicht davor gewarnt hat, die finde ich manchmal fast komisch und manchmal doof und manchmal verstehe ich sie.

Zeit ist relativ.

Und stelle hiermit aus Bequemlichkeit ein Warnschild auf:

Achtung: Sie betreten fürimmerzerstörte Seele. In dreizweieins-aua-Metern.

17 Kommentare zu „20.März“

  1. Jupp – ich lade sie auch nicht ein – schöner ist es sie kommen von alleine – das traurige so zu vermeiden als wäre es nicht wahr, wenn sie dann da sind – verletzt – was hat sie denn, lese ich in ihren Blicken – kotzen könnte ich – oft… denn es bleibt schwer – man ist nicht mehr wie früher !

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  2. Ja, müde.
    „you can write out your grief,
    perform out your grief, they all tell me.
    fuck you, i answer.“ (Kara Jones)
    Will jetzt gar nicht so zu deinen Worten passen. Ist mir trotzdem gerade in den (Nicht)Sinn gekommen.

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  3. Was für ein Wort- und welch ein Benehmen von Menschen die < nur< schlimme Nachrichten lesen. Ich bin kein regelmäßiger Besucher deines Blogs und doch muss ich oft an euch denken- denn Trauer ist zeitlos; sie bleibt für immer und ist mal heftig, mal flach, mal leise. Gedanken halten da die Seele fest zusammen.
    Liebe Grüße
    heiDE

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  4. …für immer zerstöte Seele!
    Das ist es und das kann so mancher irgendwie nicht begreifen. Besuche bei einer Freundin, die in vergleichbarer Situation wie Ihr ist, finde ich zugegeben anstrengend aber so füllend, so bereichernd, weil das Leben nicht nur Friede, Freude , Eierkuchen ist und ich mein Leben oft erst erfassen kann, wenn ich auch das ihre spüre.
    Gesammelte Aussprüche derer, die Trauer für vergänglich halten oder zumindest wohl dosierbar und diese Freundin nicht besuchen:
    „Das ist jetzt aber schon sooo lange her, das müssten die aber mal in Griff bekommen.“ (Vorgeschrieben Trauerzeiten als Lösung? Trauerjahr und dann ist alles wieder fein?)
    „Die haben doch noch mehr Kinder. Alle gesund…“ (Kinder sind ja bekanntlich alle immer völlig gleich und natürlich beliebig ersetzbar.)
    „Als gäb es kein heute und erst recht kein Morgen.Tzz,tzz,tzzz“ (Aber gefühlt gibt es das ja auch nicht.)
    „Die sind aber auch dünnhäutig!“ (Klar, wäre ich auch, wenn mein Kind gestorben wäre.)
    „Die reagieren so düster.“ (Man tanzt vor Glück nicht Samba, wenn der Sambatänzer fehlt.)
    „Etwas eigen sind die geworden. Früher waren die viel entspannter.“ (Schicksalsschläge entspannen eben nicht wirklich.)
    etc.
    Ich würde auch niemanden einladen, der dümmlich die Bude volllächelt, weil er nix begreift und von hippen Themen zu hippen Themen oberflächlich quatscht, ohne Tiefgang.
    Ich würde jeden meiden der keine offenen Ohren hat für das was ist, nur mit offenem Mund den Raum und die Zeit einnimmt weil er selbst labert oder unverständig gafft.
    Du kannst Eure Seelen nicht kleben aber freu dich an zufälligen Glückseinschlägen.
    Einen Plumpshineinindenalltagbesuch mit Zufallskicherer und befreiender Heullachwinselattacke wünsche ich Dir!! Geht nicht täglich, aber geht.
    Henrike

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    1. Puh, was für eine Sammlung…. Ja, die wird sicher immer länger, im Laufe der Zeit. Dünnhäutig. Oh.
      (Ich habe geweint, als ich deinen Kommentar gelesen habe. Tatsächlich in Richtung Heullachwinselattacke… Haha!Das ist ein gutes Wort)
      Danke!

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  5. Ich glaube, da ist auch ganz viel Hilflosigkeit mit im Spiel. Weil es so weh tut, Euch hinter diesen dicken Mauern sitzen zu wissen- ohne Klingel, ohne Zugang, mit diesen schrecklichen Schildern davor, aber gänzlich (und das manchmal plötzlich) ohne die Möglichkeit auch nur irgendwas für Euch tun zu können. Dabei würde man am liebsten sofort den Vorschlaghammer rausholen, um dieses Rotzding einfach umzuhauen, weil man von außen ja nur das Gefängnis sehen kann – und nicht den Schutzraum innen, den ihr Euch ja aber selbst aufgebaut habt. Habt aufbauen müssen. Um Euch abgrenzen zu können – von eben all dem, das ihr nicht (mehr) ertragen könnt. Und das ist so viel. Und es scheint auch so, als ob es immer mehr wird. Nicht weniger. Und das kann man niemanden erklären, der irgendwo da draußen steht. Draußen stehen muss – mit seinem blinden Aktionismus, einer nicht auszuhaltenen Zukunftssehnsucht, Ungeduld, Empörung – oder was auch immer. Und das muss man auch nicht. Weil es noch müder macht, als man es ohnehin schon ist. Ihr bestimmt, wie lange die Mauer stehen bleibt – und wer sie durchdringen darf. Auch wenn das vielleicht nicht immer logisch ist, manchmal verletztend oder vor den Kopf schlagend. Aber das ist komplett egal. Ihr macht das gut so, wie Ihr das macht. Richtig gut. Und so gut richtig!

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  6. Der Tränen-Engel
    [von: Gerhard Schöne, Album: Der Engel der die Träume macht, 2007]

    Kennst du schon den Tränen-Engel, mit dem krummen Rücken der,
    mit den rot geheulten Augen, mit den Flügeln, schlaff und schwer?
    Nimmt sich alles so zu Herzen, tritt in manches Sterbehaus,
    einen schweren schwarzen Koffer trägt er später dann hinaus.

    Du fragst: Was ist in dem Koffer? – Reue und viel Bitterkeit,
    nicht gelebte Augenblicke, ein verpaßtes Tut mir leid!
    All die ungesagten Worte wiegen nun entsetzlich schwer.
    Darum geht der Tränen-Engel auch so krumm und kann nicht mehr.

    Wo die dunkle Straße endet, wird er seinen Koffer los.
    Hier am Ende seiner Reise, nimmt ihn einer in den Schoß,
    drückt ihn, streichelt ihn und flüstert: Wenn ich dich nicht hätte, du!
    Und dann lacht der Engel Tränen und gönnt sich ein wenig Ruh.

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  7. irgendwas will ich dir rüberwerfen über die mauer, aber helfen tut da eh nix.
    ihr wisst aber, dass eure seelen für immer das recht haben fuck you und bedeutend böseres zu schreien und zu tun?
    egal was der fortgeschrittenenkurs sagt!
    ich muss da ja sehr an verspiegelte vhs-räume denken: melanie tanzt uns voraus durch den lidl, im neuen gelben mantel.
    niemand hält das aus, was du aushältst, niemand weiß, was du weißt – kann keiner.
    nie an deiner trauer(narren)freiheit zweifeln!

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  8. Immer trauern dürfen, immer reden dürfen, immer schreien dürfen, immer erzählen dürfen, immer weinen dürfen, immer und immer wieder, ohne darüber nachzudenken ob man das jetzt darf..
    .Gut, dass eure Familie und die engsten Freunde durch die Mauer kommen und keine Angst davor haben

    Wie solls wie früher sein?! Geht nicht! Das sollte doch für jeden Einleuchtend sein!

    Liebe Grüße an die tapfere Ritterfamilie

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  9. Liebe Melanie,

    ich weiß nicht genau, ob du dir im Klaren darüber bist, wie sehr dein Blog auch manch anderen hilft, die geliebte Menschen verloren haben. (Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich da alleine bin.) Deshalb an dieser Stelle – weil ihr es gerade ein bisschen zu brauchen scheint – ein warmes, tiefgelbes Dankeschön für all die Worte und die Zeichnungen… und die Tränen. Weil wir die auch brauchen.

    Und ein Zitat. Eines, an das ich die letzten Jahre immer wieder denke.

    – Diese Trauer wird dich nie mehr verlassen. Kannst du das ertragen?
    – Ich würd’s nicht anders haben wollen.
    – Du sollst dir nur darüber im Klaren sein: Wohin du auch gehst, was du auch tust. Durch jede Tür. Bei jeder Frau. Falls du Kinder hast, bei deinen Kindern. Du wirst sie in jeder Musik hören, die du dir anhörst, sie in jedem Buch sehen, das du liest. Sie wird Teil deiner Nahrung sein, die du zu dir nimmst. Deine ständige Begleiterin. In allen Welten.
    – Ich bin sie, und sie ist ich.

    Alles Liebe,
    Kat

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  10. Liebe Melanie
    Ich würde dir so gerne was tröstendes, hilfreiches oder schlaues an Worten schicken. Aber mir fehlen diese Worte. Die „passenden“ gibt es auch sicher gar nicht, weil was soll schon passen bei diesem Schmerz. Oder wer, außer euch weis schon wie ihr euch wirklich fühlt. Den jeder fühlt nun mal anders.
    Ihr entscheidet, wie ihr mit eurer Trauer umgeht. Lasst euch von niemanden dabei reinreden. Weint und schreit, wenn es euch gut tut. Lacht, wenn euch danach zu Mute ist. Haltet euch fest. Holt euch Hilfe, wenn ihr sie braucht oder schickt sie weg, wenn euch das gerade mehr hilft. Zeit heilt eben nicht alle Wunden.
    Ich versuche dir mal einen Sonnenstrahl zu senden, wenn wieder mal alles nur schwarz ist. Einen Hammer, wenn du die Mauer selber einreißen magst und einen unsichtbaren Schutzschild, wenn die die Welt mit all ihrem Gelaber draußen bleiben soll.
    Ich wünsche dir aber auch Risse in der Mauer. Damit die Sonne ihren Weg finden kann und sich Samen einnisten kann der Trost wachsen lässt.
    Liebe Grüße und ihr macht das gut, so wir es macht!
    Brigitte

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  11. Ach Melanie.
    Deine Worte treffen mitten ins Herz. Ich wünsche Dir/Euch sehr, dass die Mauer vor allem Schutzmauer sein darf, ein rittermässiger Wall, Festungsanlage. Kein Gefängnis.
    Ich vergleiche meine Kinder möglichst nicht mit anderen Kindern. Wozu auch? Aber ein Kind, Dein Kind, begleitet mich immer, wenn J. neue Dinge macht, sich neue Gebiete erschliesst. Ich schaue seinem Grosswerden zu und denke dabei an den kleinen Jungen, der immer drei Jahre alt bleiben wird. Vor allem jetzt wieder, Mitte März, wenn Wünsche geäussert und Pläne geschmiedet werden. In einer Woche, ich weiss…
    Wieso ich das schreibe? Nicht als Trost, nicht als armseliger „ich weiss wie du dich fühlst“-Versuch. Weiss ich nicht. Aber ich denke sehr oft an Nils. Und setze mich ein bisschen an Eure Mauer. Erwarte keine Einladung oder so. Lehne mich mit dem Rücken an die warme Mauer und lasse mein Schlachtross grasen. Vielleicht magst Du mal rauskommen auf ein stilles oder frohes oder trauriges Nebeneinandersitzen. Dann freu ich mich.
    Herzliche Grüsse, Martina

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